Data Science – Datenwissenschaften in der Biomedizin

In den letzten Jahren hat die Datenwissenschaft in vielen Bereichen an Bedeutung gewonnen, insbesondere in der Medizin und den Biowissenschaften. Von der Vorhersage von Krankheitsausbrüchen bis hin zur personalisierten Behandlung – die Datenwissenschaft verändert die Art und Weise, wie wir die menschliche Gesundheit verstehen, diagnostizieren und behandeln können.

Züruck

Informationsbroschüre zu Gesundheitsdaten

Gesundheitsdaten betreffen alle Menschen gleichermassen – sei es aus privater Sicht als Patient:in oder aus gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Perspektive! Dieses Booklet gibt einen Überblick über die Bedeutung von Gesundheitsdaten, ihre Nutzung in der medizinischen Forschung, spezifische Anwendungsbereiche, sowie die Massnahmen zur Sicherung dieser sensiblen Informationen.

Was ist Datenwissenschaft?

Die Datenwissenschaft – meist «Data Science» genannt - beinhaltet die Sammlung, Analyse und Interpretation grosser Datenmengen, um Muster aufzudecken, aufgrund welchen man Aussagen treffen kann. Als interdisziplinäre Wissenschaft kombiniert sie Mathematik, Statistik, und Informatik, um Probleme aus einer komplexeren Sichtweise anzugehen. Im Falle der Biomedizin handelt es sich dabei beispielsweise um Gensequenzen, Messdaten, chemische Verbindungen, während es in der Klinik auch um Gesundheitsdaten wir zB. Blutwerte geht. In der biomedizinischen Forschung ermöglicht die Datenwissenschaft, die riesigen, ständig wachsenden Mengen an Informationen, die in Labors generiert werden, in konkrete Erkenntnisse umzuwandeln. Diese Resultate wiederum können verwendet werden, um neue Hypothesen zu generieren. Im Kontext des Gesundheitswesens kann dank der Datenwissenschaft die Informationen von Krankenhäusern dazu verwendet werden, um die Patientenversorgung zu verbessern.

Wie hilft die Datenwissenschaft?

Zu den wichtigsten Bereichen, in denen die Datenwissenschaft im biomedizinischen Bereich eingesetzt wird, gehören:

Vorhersage und Prävention von Krankheiten & Personalisierte Medizin

Durch die Analyse von Patientendaten können Datenwissenschaftler Modelle erstellen, um vorherzusagen, wer ein Risiko für bestimmte Krankheiten hat. Beispielsweise können gewisse Algorithmen Muster in Gesundheitsakten untersuchen, um die Wahrscheinlichkeit von Herzerkrankungen, Diabetes oder sogar Krebs vorherzusagen. Zum Beispiel das Genom: aufgrund der Kombination von bestimmten Varianten von Genen im Genom eines Individuums kann das Risiko abgeschätzt werden, an einer bestimmten Krankheit zu erkranken (1). Diese Art der prädiktiven Analyse ermöglicht eine frühzeitige Intervention, die Leben retten und Gesundheitskosten senken kann. Der Körper jedes Menschen ist anders, und was bei einem Patienten wirkt, muss bei einem anderen nicht unbedingt wirken. Data Science hilft dabei, Behandlungen durch die Analyse von genetischen Daten, Lebensstilfaktoren und der Krankengeschichte individuell anzupassen. Dieser personalisierte Ansatz ist besonders wichtig in Bereichen wie der Onkologie, wo bestimmte Krebsbehandlungen bei Patienten mit bestimmten genetischen Markern wirksamer sind. Beispielsweise kann durch die Kombination von genetischen Daten und pharmakologischen Daten herausgefunden werden, welche Medikamente für welche Patienten die vielversprechendste Therapie bieten können (2).

Informationsbroschüre zu Gesundheitsdaten

Medizinische Bildgebung, Diagnostik & medizinische Infrastruktur

Traditionell untersuchen Radiologen medizinische Bilder manuell, um Abweichungen zu erkennen. Jetzt können KI-gestützte Tools Ärzte unterstützen, indem sie automatisch Anzeichen von Krankheiten in Röntgenbildern oder Magnetresonanz-Aufnahmen erkennen – manchmal mit einer Genauigkeit, die der von menschlichen Experten entspricht oder diese sogar übertrifft. Diese Werkzeuge beschleunigen die Diagnose und reduzieren das Fehlerrisiko (siehe auch Artikel Medizin und KI).

Ein Beispiel, wie Data Science direkt in der akuten klinischen Praxis angewendet werden kann, ist das sogenannte «ICU-Unit-Cockpit», welches im Universitätsspital Zürich eingesetzt wird (3). Dabei werden Patientendaten auf der Intensivstation direkt verarbeitet, um Entscheidungshilfen und Vorhersagen für das Gesundheitspersonal vor Ort zu bieten.

Pharmazeutische Forschung und Entwicklung

Die Entwicklung eines neuen Medikaments ist ein langwieriger und kostspieliger Prozess, der oft mehr als ein Jahrzehnt dauert und Milliarden von Dollar kostet. Data Science beschleunigt diesen Prozess, indem sie vielversprechende Wirkstoffe identifiziert, ihre Wirkungen vorhersagt und bessere klinische Studien konzipiert. So können neue Therapien schneller und effizienter auf den Markt gebracht werden. Beispielsweise können aus einer Datenbank von Milliarden chemischer Verbindungen anhand bestimmter Algorithmen die passendsten ausgewählt werden und diese im Labor weiter untersucht werden (4). Schlussendlich ist Data Science ein wichtiges Werkzeug um die Datenmengen, welche in klinischen Studien anfallen, zu hantieren und zu analysieren.

Epidemiologie

Während Ereignissen wie der COVID-19-Pandemie spielte die Datenwissenschaft eine entscheidende Rolle bei der Verfolgung der Ausbreitung des Virus, der Vorhersage der Fallzahlen und der Steuerung der Gesundheitspolitik. Durch die Analyse von Trends und die Modellierung der Krankheitsdynamik helfen Datenwissenschaftler den Gesundheitsbehörden, effektiver auf neue Bedrohungen zu reagieren. Eine sehr wichtige Plattform während der COVID-19 Pandemie, welche teilweise aus Schweizer Forschungseinrichtungen stammt, ist die Datenbank und das Analysetool von Nextstrain (5). Darin werden die Gensequenzen von Viren weltweit gesammelt und dokumentiert und so die Evolution und Verbreitung des Virus nachverfolgt (Nextstrain.org).

Das Schweizerische Institut für Bioinformatik unterhält einige Projekte, in welchen Datenverarbeitung zur Verbesserung der Gesundheit beitragen soll, wie beispielsweise Krebsdiagnostik oder die Überwachung pathogener Organismen anhand von Genomdaten:

https://www.sib.swiss/about/flagship-projects#spsp

Die Zukunft der Medizin- Ein Zusammenspiel von Datenwissenschaften und Gesundheitssystem

Die Integration von Data Science in die Medizin entwickelt sich ständig weiter. Da immer mehr Gesundheitssysteme digitale Technologien einsetzen, wird der Umfang der Daten weiter zunehmen. Gleichzeitig werden Fortschritte in den Bereichen künstliche Intelligenz und Rechenleistung sowie Datenspeicherung eine noch schnellere und umfassendere Datenverarbeitung ermöglichen. Letztendlich ist das Ziel ein Gesundheitssystem, in dem Diagnosen genauer sind, Behandlungen personalisierter sind und neue Entdeckungen schneller gemacht werden.

Quellen

 

1. Lewis CM, Vassos E. Polygenic risk scores: from research tools to clinical instruments. Genome Med. 18. Mai 2020;12(1):44.

2. Sadee W, Wang D, Hartmann K, Toland AE. Pharmacogenomics: Driving Personalized Medicine. Pharmacol Rev. Juli 2023;75(4):789–814.

3. Boss JM, Narula G, Straessle C, Willms J, Azzati J, Brodbeck D, u. a. ICU Cockpit: a platform for collecting multimodal waveform data, AI-based computational disease modeling and real-time decision support in the intensive care unit. J Am Med Inform Assoc JAMIA. 14. Juni 2022;29(7):1286–91.

4. Edfeldt K, Edwards AM, Engkvist O, Günther J, Hartley M, Hulcoop DG, u. a. A data science roadmap for open science organizations engaged in early-stage drug discovery. Nat Commun. 5. Juli 2024;15(1):5640.

5. Hadfield J, Megill C, Bell SM, Huddleston J, Potter B, Callender C, u. a. Nextstrain: real-time tracking of pathogen evolution. Kelso J, Herausgeber. Bioinformatics. 1. Dezember 2018;34(23):4121–3.

(Bild: Google DeepMind / Unsplash)